PASSENDE MITARBEITERINNEN

FINDEN UND BEHALTEN

von Dr. Martina Obermeyer

Ob eine Zahnarztpraxis langfristig erfolgreich ist, hängt von vielen, sehr unterschiedlichen Faktoren ab. Voraussetzung, um entspannt und effektiv arbeiten zu können, ist ein eingespieltes, engagiertes Team.

Aufgeschlossene, mitdenkende, unterstützende, kurzum: perfekte Mitarbeiterinnen sind der Traum jedes Praxischefs. Nur: Wie findet man sie? Die Antwort ist einfach: Indem man seine Damen gemäß ihren Talenten und Begabungen einsetzt. Jede ist an der richtigen Stelle, liebt ihre Arbeit, betreibt sie engagiert und hat Erfolgserlebnisse, das alles bindet die Mitarbeiterin an Praxis und Team.

Ein langjähriges, gut eingespieltes Team in der Praxis ist der Garant für entspanntes Arbeiten. Insbesondere der Zahnarzt, in der unmittelbaren Nähe am Behandlungsstuhl, profitiert davon. Jeder weiß, wie der andere tickt, was er gut und was weniger gut beherrscht, man verlässt sich aufeinander – das ist die Basis jedes langfristigen Praxiserfolges.

Allerdings ist der persönliche Einsatz des Praxischefs gefordert, denn seine Aufgabe als Führungskraft ist, die Talente der Mitarbeiterinnen zu erkennen, sie entsprechend ihren Begabungen einzusetzen. Ein Team sollte verschiedene Persönlichkeiten vereinen - nicht alle sollen genauso funktionieren wie die Chefs, im Gegenteil. Wenn beispielweise der Zahnarzt sich nicht gerne mit Patienten unterhält, sondern konzentriert bohrt, ist eine kommunikative Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) auf der linken Seite des Stuhls ein wahrer Segen. Ebenso wichtig sind die sogenannten unbequemen Teammitglieder, die Abläufe oder Pläne kritisch hinterfragen und damit neue Ideen implementieren. Zahnmedizinische Fachangestellte mit eigenen Vorschlägen, oft spontan aus der Situation heraus, sind Gold wert.

AUSWIRKUNGEN IN DER TÄGLICHEN PRAXIS

Patienten konfrontieren in der zahnärztlichen Praxis sowohl die Chefs als auch die Mitarbeiterinnen mit vielen Fragen die mit der Zahnbehandlung oft nichts zu tun haben, sie möchten in ihrer Befindlichkeit ernst genommen werden, verzögern und behindern jedoch damit die Behandlung.

Ängste, Unsicherheiten, Nervosität, Atmungsprobleme, Würgereiz und medizinische Krankheitsbilder der Patienten führen zu Schweißausbrüchen, erhöhtem Speichelfluss, Spritzen-Versagen und ähnlichen Symptomen, die uns das Bohren, Kürettieren oder Abformen erschweren. Wie hilfreich ist da eine Assistentin, die den Patienten genau dort abholt, wo er ist; die sich individuell und einfühlsam auf dessen Emotionen einstellt und dem Patienten schon im Sprechzimmer den bevorstehenden Termin psychologisch geschickt näherbringt.

Patienten, die sich gut aufgehoben fühlen, sind entspannt, öffnen den Mund weit, haben einen normalen Speichelfluss und lassen die Prozedur einer zahnārztlichen Behandlung geduldig über sich ergehen. Für die Sprechstunde bedeutet das, dass wir Zahnärzte entspannt und qualitativ hochwertig arbeiten kõnnen und dabei den Zeitrahmen des Termins einhalten - ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Vorteil.
Für die Mitarbeiter-Auswahl gilt: Persönlichkeit bringt man mit, Fachliches lässt sich erlernen.

Wenn Sie eine neue ZFA oder Techniker/ in etc. suchen, nehmen Sie sich bitte Zeit. Für ein Einstellungsinterview sollten Sie gut eine Stunde einkalkulieren, in der Sie Ihr Gegenüber ca. 80 Prozent des Gesprächs bestreiten lassen: In erster Linie möchten Sie etwas von der Bewerberin erfahren, fragen Sie ruhig auch nach privaten Dingen, persönlichen Vorlieben und Erfolgserlebnissen. Teamfähigkeit, Empathie, spontane Handlungsfähigkeit und Anpassung auf neue Bedingungen, darauf sollte es Ihnen bei einer Bewerberin ankommen.

Die Persönlichkeitsaspekte, die Sie im Gespräch entdecken, sind in der Regel weniger veränderbar: Fachwissen dagegen kann in Fortbildungen erworben werden. Voraussetzungen sind natürlich Lernbereitschaft und Engagement der Interessentin, auf beides sollten Sie im Bewerbungsgespräch besonders achten. Erst später schildern Sie kurz Ihre Arbeitsweise, erzählen eventuell etwas Persönliches von sich.

Tipp: Lassen Sie ausgewählte Bewerberinnen probearbeiten, wenigstens zwei Tage lang, und sprechen Sie im Anschluss mit allen Team-Mitgliedern darüber. Gibt es Widerstand von nur einem Team-Mitglied gegen die „Neue“, empfehle ich, sie nicht einzustellen; vorausgesetzt, Ihre bisherige Mannschaft entspricht genau Ihren Wünschen.

SONDERFALL: DIE AUSZUBILDENDE

Bei Auszubildenden, die in der Regel mit 15 bis 20 Jahren anfangen und noch keine ausgeprägte Persönlichkeitsstruktur mitbringen, die sich in einem Eingangsgespräch eindeutig erkennen ließe, stellt sich die Situation schwieriger dar. Hier sind Sie mehr auf Ihr Gefühl angewiesen, um das persönliche Profil der Bewerberin richtig einzuschätzen und ihre Begabungen (jenseits der manuellen Geschicklichkeit) zu erkennen. Die jungen Damen kommen in einem Übergangsbereich ihrer persönlichen Entwicklung zu uns, sie beginnen als Teenager und werden in den drei Ausbildungsjahren zu Erwachsenen.  Wir als Ausbilder haben die Verantwortung, den jungen Frauen einen Ort zu bieten, wo sie - neben dem Erwerb des notwendigen Fachwissens - eine ausbalancierte Persönlichkeit und gesundes Selbstbewusstsein entwickeln können.

Tipp: Lassen Sie Auszubildende eine Woche lang probearbeiten - zwei oder drei Tage sind oft nicht ausreichend. Es dauert, bis die ersten Schrecken (Umgang mit Blut und anderen anfangs unangenehmen Dingen) überwunden sind und die jungen Damen Freude und Interesse an der zahnärztlichen Tätigkeit entwickeln. Auch hier ist am meisten ausschlaggebend, wie wohl sie sich im Team fühlen.
Eine Patin an die Seite stellen

Für das erste Ausbildungsjahr, auf jeden Fall aber für die ersten Monate, empfiehlt sich eine sogenannte Patin auszusuchen, die die Auszubildende intensiv betreut und ihre erste Ansprechpartnerin in allen Belangen ist. Am besten dafür geeignet ist eine langjährige Kraft, die über alles in der Praxis Bescheid weiß und „die Neue“ Schritt für Schritt an alle Aufgaben heranführen kann. Sie sollte über pädagogisches Geschick und Verständnis für schrittweises Lernen verfügen; zusätzlich ist hilfreich, wenn zwischen Auszubildender und Ansprechpartnerin Sympathie besteht.
Die Persönlichkeitsentwicklung unterstützen

Ab dem zweiten Ausbildungsjahr sind die jungen Frauen bereit und interessiert, neben der fachlichen Qualifikation ihre kommunikativen und empathischen Fähigkeiten zu entwickeln. In unserer Praxis hat es sich bewährt, durch gezielte, regelmäfige, externe Schulungen die Personlichkeitsentwicklung der jungen Mitarbeiterinnen zu fördern.

So lernen sie, aus der Praxis für die Praxis schwierige Situationen mit Charme und Humor zu meistern, Teamverständnis aufzubauen und Eigendynamik zu entwickeln. Natürlich muss auch fachliches Detailwissen, Organisation von Arbeitsabläufen sowie die professionelle und einfühlsame Assistena am Stuhl vermittelt werden.

GEWINN FÜR JEDE PRAXIS

Exzellente langjährige Mitarbeiterinnen sind die Basis des Praxiserfolgs. Nichts kostet so viel Geld, Zeit und Nerven wie ein ständiger Mitarbeiterwechsel. Zudem geht immer Wissen für die Praxis verloren, weil nicht alles schriftlich festzuhalten ist, auch nicht im gut gepflegten QM-System. Als Chef schafft man es kaum, die hohe Motivation der Mitarbeiterinnen und deren enge Bindung an die Praxis viele Jahre lang aufrechtzuerhalten. Das Hinzuziehen eines externen Coaches, möglichst aus der Zahnheilkunde, als zusätzlicher Input ist äußerst hilfreich.

NACHWUCHS IST DIE ZUKUNFT

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Auszubildenden, sie sind die Stützen der Zukunft in der Zahnarztpraxis. Es empfiehlt sich daher, den eigenen Nachwuchs gut auszubilden, weil in der Ausbildungsphase eine intensivere Bindung zwischen Zahnarzt/Zahnärztin und Mitarbeiterin aufgebaut werden kann als in späteren Jahren. In diesem Sinne: Delegieren Sie ruhig einige Dinge und genießen Sie jeden Tag Ihr gut eingespieltes Team!

Autorin Dr. Martina Obermeyer

  • Zahnärztin seit 1985, Heilpraktikerin sein 1992, Coach seit 2000
  • Zusatzausbildungen in Körpersprache (Samy Molcho), Gestalttherapie, Kinesiologie, Craniosacral-Therapie, Familiensystematik, Irisdiagnostik, Psychokinesiologie
  • Eigene Seminarfirma Aufwind Consulting GmbH seit 2000

Kocheler Str. 1
82444 Schlehdorf am Kochelsee
Tel. +49 (0) 8851 6125691
info@aufwind.org

Systemische Orale Medizin

5. Jahrgang 3/2016

envelopephonemap-markercrossmenu