MIT FARBE ZUR FORM

PRAXISGESTALTUNG

von Dr. Martina Obermeyer

Ein Tapetenwechsel für die eigene Praxis kann viel mehr sein als der frische Anstrich vergilbter Wände. Mit Farbe und Design können in Wartebereichen, Behandlungszimmern und Team-Räumen Stimmung und Atmosphäre geschaffen werden, die sich auf Patienten und Mitarbeiter übertragen - und dem Zahnarzt bei seiner täglichen Arbeit eine wertvolle Unterstützung bieten.

Nach einigen Jahren erfolgreich betriebener Praxis stellen viele Zahnärzte fest, dass sich das Patientenverhalten verändert und dass die Bedürfnisse ihrer Klientel sich heute wesentlich vielschichtiger und anspruchsvoller darstellen als noch vor einiger Zeit. Ein wesentlicher neuer Aspekt in diesem Entwicklungsprozess ist die Servicepraxis mit dem Schwerpunkt der intensiven Patientenbetreuung. Damit sind nicht nur die Tasse Kaffee, der telefonische Rückruf und eine aktuelle Zeitung im Wartezimmer gemeint, sondern vor allem die emotionale Betreuung und die Atmosphäre der Wohlfühlpraxis.
Dieses intensive Sich-Einlassen" auf Patienten, ihre Bedürfnisse und ihre Ängste kann eine anstrengende und kräfteraubende Beschäftigung sein, besonders unter dem Aspekt der extremen körperlichen Nähe und der Zeitspanne von acht oder mehr Stunden pro Tag. Daher sind Möglichkeiten höchst willkommen, die den Patienten entspannen und ein angenehmes Ambiente schaffen, ohne die aktive Arbeit von Behandler und Team zu erfordern.
Farben und Design bieten sich dafür an - als Ausdruck der Persönlichkeit, um gezielte Wirkungen, wie Beruhigung und Entspannung, zu erreichen, um das Arbeiten für das ganze Team wesentlich angenehmer zu gestalten. In schöner Umgebung arbeiten Menschen besser, entwickeln mehr Energie und Begeisterung und werden weniger krank.

Farben begleiten unser gesamtes Leben. Unsere Welt ist bunt. Alles, was wir farbig sehen, ist eine Reflexion der elektromagnetischen Wellen des Lichts. Farben repräsentieren die Sprache des Lichts. Obwohl wir weißes Licht als farblos wahrnehmen, besteht es aus Farbschwingungen. Jede dieser Spektralfarben hat eine eigene Schwingung, und jede dieser einzelnen Schwingungen hat eine einzigartige Energie und einen spezifischen Einfluss auf unseren Körper. Farben greifen direkt in biochemische und biophysikalische Prozesse des menschlichen Körpers ein und beeinflussen seine Organfunktionen genauso wie seine Psyche.

Bunte Tupfer gegen grauen Alltag – mit Farbgestaltung und Design lässt sich die Praxis zu einem Ort machen, an dem sich
Patienten, Mitarbeiterinnen und Zahnarzt wohlfühlen.

Den meisten Menschen ist nicht bewusst, welch enormen Einfluss Farben auf ihr Leben haben. Bestimmte Farben werden als warm, andere eher kalt empfunden. Sie können unmittelbar unsere Stimmung und Psyche beeinflussen und verändern. Farben sind ein permanentes Medium der nonverbalen Kommunikation. Sie haben einen höheren Energielevel als Töne und können daher auch mehr bewirken. Warum sollten Zahnärzte also die Farbwirkung nicht für ihre Praxen nutzen? Genauso viel Bedeutung wie die Farben hat die Auswahl der Einrichtung und des Designs, Sie drücken die Persönlichkeit des Praxisinhabers aus, der die Räume gestaltet oder gestalten lässt. Auch im Privatleben ist es oft viel spannender und informativer, jemanden zu Hause zu besuchen, als mit ihm ein langes Gespräch in einem erstklassigen Restaurant zu führen. Die Fülle der Informationen in einem privaten Haushalt ist immens:

  • Wie ist die Einrichtung?
  • Welche Farben bevorzugt die Person?
  • Welche Musik wird gehört?
  • Werden Bücher gelesen und welche?
  • Herrscht Ordnung oder Chaos?
  • Wie sieht die Küche aus?

Die Liste der Details ist lang und ergibt ein komplexes Bild vom Besitzer einer Wohnung oder eines Hauses inklusive seiner Lebensphilosophie und Prioritäten. Genau das Gleiche geschieht, wenn Patienten zum ersten Mal eine Zahnarztpraxis be- treten. Ohne sich darüber genau bewusst zu sein, entscheidet sich der Patient auf grund dieses ersten, komplexen Eindrucks innerhalb der ersten sieben Sekunden, ob er sich in der Praxis wohl fühlt und ein primäres Vertrauensverhältnis möglich ist. In diesen ersten sieben Sekunden zählt an menschlichen Eindrücken bestenfalls noch die Rezeptionshelferin - auf gar keinen Fall aber der Zahnarzt, der in der Regel im Behandlungszimmer arbeitet und erst viel später in Erscheinung tritt.

Farben und Gestaltung transportieren auf eine nonverbale Weise die Persönlichkeit des Zahnarztes, die Praxisstruktur und die Behandlungsphilosophie. Diese vielen Informationen im Gespräch oder mit Praxisprospekten und anderen Marketingmitteln an den Patienten zu bringen, ist hingegen ein enormer zeitlicher oder finanzieller Aufwand.

Die einfachste und gleichzeitig umfassendste Methode ist die bewusste Wahl von Farbe und Design. Das hat auf lange Sicht auch zur Folge, dass sich überwiegend Patienten, die sich speziell mit diesem Ambiente wohl fühlen, zu Stammpatienten entwickeln. Sie sind dem Zahnarzt oft so weit wesensverwandt, dass er sie gerne behandelt und die Arbeit mit ihnen nicht sehr anstrengend ist und einfach Spaß macht. Auch kann auf diese Weise den unterschiedlichen Bedürfnissen in den verschiedenen Funktionsräumen einer Praxis Rechnung getragen werden. Behandlungszimmer sollten dem Patienten, der Assistentin und dem Behandler entsprechen. Farbauswahl, Bilder und Design müssen für alle Beteiligten eine angenehme Atmosphäre schaffen. Dabei sind die Interessen des Behandlers primär, weil er sich täglich am längsten hier aufhält - der Patient hingegen unter Umständen nur eine Stunde und das vielleicht zwei mal pro Jahr.

INDIVIDUELL ABGESTIMMT

Das Wartezimmer dagegen kann vorwiegend auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden, weder Zahnarzt noch Assistentin halten sich dort länger als einige Minuten pro Tag auf. Im Empfangsbereich ist es möglich, neben den technischen Voraussetzungen für Mitarbeiter und Patienten individuell in Farb- und Lichtgestaltung auf die Persönlichkeit der Rezeptionshelferin einzugehen. Dieser vielschichtige Job erfordert eine Menge Energie und Übersicht. Farbliche Elemente, die Ruhe und Zentrierung unterstützen, können helfen, stressige Situationen zu entschärfen und Fehlerquoten zu reduzieren. Genauso spezifisch können die Funktionsräume - Labor, Röntgen, Sterilisation oder Sozialraum mit Farben gestylt oder mit Detailgestaltung, aufgepeppt" werden.

Der Praxisinhaber sollte in der architektonischen Gestaltung und Farbauswahl federführend und ausschlaggebend sein. Auch wenn er Innenarchitekten oder andere Spezialisten mit der Ausführung betraut, ist es günstig, eine Farbanalyse des Persönlichkeitstyps vorzuschalten. Ebenso können Formendominanzen und allgemeines Raumkonzept im Vorfeld ermittelt werden. Mit diesen Informationen können die ausführenden Architekten oder Designer leichter und schneller zu Ergebnissen kommen.

In Anbetracht der Tatsache, wie viel Geld jedes Jahr in technische Neuerungen für Zahnarztpraxen investiert wird, sind Farben und Raumgestaltung vergleichsweise günstig. Technische Geräte werden von Patienten in ihrem Investitionsvolumen nicht erfasst, weil sie keinen Bezug zu Markt und Preisen haben. Zudem ist ihr primäres Interesse, möglichst gut und schmerzfrei behandelt zu werden, was nicht unbedingt in einer direkten Korrelation zur technischen Ausstattung der Praxis steht. Mit Farben und Design macht ein Zahnarzt nicht nur sich selbst eine Freude, sondern vor allem seinen Mitarbeitern und Patienten. Diese Veränderungen werden von allen registriert und in der Regel hochgeschätzt. Farben und Design sind hochwirksame Marketinginstrumente. Sie haben im Gegensatz zu Internetauftritten, Drucksachen oder Mitarbeitereinsatz nicht zu übersehende Vorteile.

  • Sie benötigen kein permanentes Update. Einmal installiert arbeiten sie jeden Tag.
  • Man braucht keine Mitarbeiter für ihren täglichen Einsatz
  • Sie werden nicht monatlich bezahlt, sondern nur einmal.
  • Sie werden nicht krank.
  • Sie wirken auf jede einzelne Person, die die Praxis betritt - vom Postboten bis zur Begleitperson. Dadurch werden auch potensielle neue Zielgruppen erreicht.
  • Sie repräsentieren die Persönlichkeit des Zahnarztes
  • Sie stehen für das gesamte Team und die gelebte Arbeitsphilosophie
  • Sie kreieren ein schönes Ambiente, indem sich alle, die mit der Praxis zu tun haben, wohl fühlen.

Jeder Mensch hat ein Harmoniebedürfnis das er in seinen verschiedenen Lebensbereichen befriedigen möchte. Unser Auge stellt dieses Gleichgewicht bei der Betrachtung von Farben in jedem einzelnen Moment her, ohne dass wir eine Chance hätten, diesen Prozess zu beeinflussen. Farben, die sich im Farbenkreis (Abb. 2) gegenüberliegen - so genannte Komplementärfarben - werden immer auch unmittelbar vom Betrachter gebildet. Das menschliche Auge hat die Fähigkeit, fehlende Harmonie herzustellen. Komplementärfarben sind einerseits gegensätzlich, andererseits ergänzen sie sich in ihren Eigenschaften und Bedeutungen. Deshalb passen sie auch zusammen.

  • Bei jeder Farbvariante stellen sich grundsätzlich drei Fragen:
  • Welche Wirkung hat die Farbe auf mich?
  • Was macht sie mit meinen Patienten?
  • Welche Farben bevorzugt mein Team?

(Abb. 1:  Die ersten sieben Sekunden entscheiden über den Eindruck, den sich ein neuer Patient von der Zahnarztpraxis macht – deshalb ist die Gestaltung des Empfangsbereichs ein wichtiger Punkt.)

GELB

steht für Offenheit und Konzentration. Gelb ist hell, strahlend, warm und heiter, wie das Sonnenlicht. Es ist das Symbol für Hoffnung, Kreativität und kommunikation. Gelb schützt vor Isolation und unterstützt mentale Kraft und Flexibilitat. Die mentale und spirituelle Bedeutung von Gelb hat eine lange Geschichte. Christliche Engel, insbesondere Gabriel, werden immer in gelb gemalt. Jüdische Synagogen sind traditionell in gelb dargestellt. Gelb stärkt Lebensfreude, Arbeitslust und Konzentrationsfähigkeit und ist ideal für Menschen, die stärkeren Stimmungsschwankungen unterliegen - sie werden durch Gelb besser ausbalanciert.

Aufgrund dieser Eigenschaften ist gelb ideal für das persönliche Arbeitszimmer, zum Beispiel das Chefbüro, die Rezeption und das Wartezimmer. Gelb vergrößert kleine Räume optisch und schafft damit nicht nur eine warme und lichte Atmosphäre, sondern Weite. Speziell für kleine Arbeitszimmer und Wartebereiche ist die Farbe ideal. Komplementärfarbe zu Gelb ist Violett - hiermit lässt sich gut kombinieren.

ROT

Die Kraftfarbe Rot hat zwei dominante Aspekte: Sie steht für Leben, Energie, Kraft und Liebe einerseits, und für Kampf, Hitze, Leidenschaft und Aggression andererseits. Rot löst gestaute Energien, steigert die körperliche Leistungsfähigkeit und aktiviert das Nervensystem. Rot ist stimulierend und wärmend. Dies ist der Grund, warum es seit der Antike als die Farbe des Körpers gilt. Rot erhöht die Pulsfrequenz- und nervöse Menschen tendieren unter dem Einfluss von Rot dazu, noch nervöser zu werden. Rot ist perfekt für kalte Räume, die Wärme benötigen, zum Beispiel in einem Keller oder im Souterrain. Oft gibt es in Praxen nicht genügend Raum auf einer Etage, weshalb Labor, Sterilisation, Röntgen, Vorratshaltung, Falldokumentation oder Modellaufbewahrung in den Keller oder in Souterrainräume verlagert werden. Erfahrungsgemäß ist keine Praxismitarbeiterin versessen darauf, sich mit diesen „Kellerarbeiten" zu befassen. Hier ist die Farbe Rot eine große Hilfe, um mit einfachen Mitteln eine ursprünglich kalte Umgebung vom subjektiven Empfinden her deutlich angenehmer und wärmer zu gestalten. Rot in der Zahnarztpraxis ist besonders spezifisch - die Assoziation zu Blut ist offensichtlich.

Ist ein Zahnarzt jedoch ein besonderer Freund der Farbe Rot sein, sollte er sie getrost verwenden - jedoch in homöopathischen Dosierungen. Wenn ihm die Farbe persönlich ausgesprochen gut tut, spricht nichts dagegen, sie im eigenen Arbeitszimmer in extenso zu verwenden. Im Bereich der Patientenbehandlung und Betreuung sollte sie hingegen sparsam und mit Bedacht angewendet werden - für Accessoires wie Lampen beispielsweise. Komplementärfarbe zu Rot ist Grün.

BLAU

Blau als Symbol des Himmels steht für Weite und Freiheit - als Farbe des Meeres steht es für Tiefe und innere Stille. Blau ist die Farbe der Seele, tendenziell nach innen gerichtet und nicht extrovertiert. Im Englischen gibt es den Ausdruck , feeling blue", der einen Seelenzustand ausdrückt, in dem man nicht gefühlsmăßig durcheinander, sondern melancholisch und auf die eigene, innere Stimme konzentriert ist. Umgangssprachlich haben wir im Deutschen diesen „Blues" übernommen.
Blau hilft, wenn man sich unausgeglichen fühlt, a der Suche nach der eigenen Mitte. Daher wird es viel zur Entspannung eingesetzt und ist für die zahnärztliche Praxis ideal, um ängstliche oder nervöse Patienten zu beruhigen. Blau kann Krämpfe und Spannungen lösen, den Blutdruck senken, Kopfschmerzen lindern und den Wirkungsgrad von Yoga, Massagen oder
Meditationen steigern.

Für die Zahnarztpraxis gibt es durch diese Effekte verschiedene Einsatzmöglichkeiten. Blaue Kleidung zur Behandlung am Stuhl, besonders bei operativen Eingriffen, ist eine Möglichkeit, Patienten zu beruhigen, ohne selbst aktiv etwas tun zu müssen. (Abb. 2: Der Goethe'sche Farbkreis) Gleiches gilt für ein Bild in dunkleren Blautönen, welches der Patient vom Behandlungsstuhl aus betrachten kann etwa an der Zimmerdecke.

Blaue Wände sind nicht die erste Wahl, weil sie eine kalte Raumatmosphäre schaffen. Ein blauer Boden hingegen ist perfekt geeignet, Patienten ankommen und entspannen zu lassen – in Wartezimmer, Rezeptionsbereich, Patiententoilette oder Behandlungsraum. Komplementärfarbe zu Blau ist Orange.

ORANGE

Gemischt aus Rot und Gelb ist das warme und belebende Orange eine der stärksten Farben überhaupt. Es symbolisiert Energie, Kraft, Lebensfreude und Expansion. Es wärmt und aktiviert, hebt die Stimmung und unterstützt das Selbstwertgefühl. Abhängig von dem Rotanteil in Orange ist es eine Farbe von Wärme, Erotik, Offenheit, Vitalität und Begeisterung. Orange löst Introvertiertheit und Melancholie und bringt Bewegung in eine Praxis.

Wegen des stark belebenden Effektes sollte man mit Orange als Wandfarbe in der Praxis vorsichtig umgehen. Andererseits
kann eine Wand in orange sehr unterstützend wirken - etwa wenn eine Praxismanagerin oder Abrechnungshelferin alleine und hochkonzentriert in einem Büro arbeitet und zu depressiven Stimmungsschwankungen neigt. In stark frequentierten Bereichen, in denen sich sowieso eine Menge Leben abspielt (etwa Rezeption und Wartezimmer), empfiehlt sich allerdings keine großflächige Anwendung, sondern ein gezielter Einsatz mit Details, um dem Raum einen speziellen Farbpunkt aufzusetzen. Das kann ein Bild sein, ein Stuhl, eine Lampe oder ein Rollo.

GRÜN

Gemischt aus Gelb und Blau ist Grün die Farbe der Wälder und Wiesen ein Symbol für die Natur und die kraftvolle Ruhe, die sie uns vermittelt. Als Komplementärfarbe zu Rot hat Grün entgegengesetzte Eigenschaften und steht für innere Balance, Harmonie und Zufriedenheit.  Grün entspannt und beruhigt, gibt Zuversicht und hat eine heilende Kraft. Als Wand- und Wohnfarbe erzeugt Grün Wohlbehagen, Entspannung und ein Gefühl von Ruhe und Weite und Verbundenheit mit der Natur.

VIOLETT

Gemischt aus dem warmen Rot und dem kalten Blau ist Violett eine Farbe, die im wahrsten Sinne des Wortes gemischte Gefühle erzeugt. Entweder man liebt Violett oder man hasst eseinen Standpunkt dazwischen gibt es nicht wirklich.

Die Mischung aus warmer und kalter Farbe erzeugt viele widersprüchliche Reaktionen, auch stark in Abhängigkeit von exakt diesem Mischungsverhältnis. Ist mehr Blau enthalten, entsteht ein dunkles, volles Lila. Mit stärkeren Rotanteilen resultiert Magenta- und die , Light-Version" von violett ist Flieder, das in seiner Wirkung lebendiger, leichter und entspannter ist. Magenta symbolisiert Schock, Panik und Notfälle, sowie Ängstlichkeit und schlechte Einflüsse von außen. Dunkles Lila steht für Gefühlstiefe, Ernsthaftigkeit, geistige Interessen, Konzentration und Demut. Als Raumfarbe hat Violett etwas Luxuriöses und Geheimnisvolles.

In Anbetracht der höchst unterschiedlichen Effekte, abhängig von der exakten Farbmischung und der Persönlichkeitsstruktur, auf welche die Farbe trifft, ist Violett für die Praxis eine relativ diffizile Wahl. Sie könnte für einige Patienten schwierig im Umgang sein, ebenso für Mitarbeiterinnen. Es spricht jedoch nichts dagegen, Violett im Büro, im Sozialraum oder bei Details, wie Blumensträußen, einzusetzen.

WEISS

Für Zahnärzte ist Weiß von großer Bedeutung, denn es steht für Reinheit, Sauberkeit, Glauben und Unschuld. Traditionell ist Weiß die Farbe der Heiler daher ist sie für Berufskleidung sehr gut geeignet. Zugleich symbolisiert sie Sauberkeit und Sterilität; Themen, die heute aufgrund aktueller Infektionskrankheiten immer wieder Fragen von Seiten der Patienten aufwerfen. Die unterschwellige Angst, sich beim Zahnarzt eine HIV-Infektion oder eine Hepatitis zuzuziehen, steht oft unausgesprochen im Raum und ist mit weitschweifigen, verbalen Erklärungen nur schwer auszuschalten. Weiß ist ein Beispiel für eine nonverbale Botschaft, die alleine wirkt. Ob in der Kleidung oder am Mobiliar verwirklicht – Weiß ist eine eindrucksvolle Repräsentation einer funktionierenden Hygienekette. Während die Aspekte von Unschuld und Reinheit (anders als bei Hochzeits- und Kommunionkleidern) einen Zahnarzt weniger beschäftigen, ist die Wirkung von Heilen und Glauben sehr interessant für den Berufsstand. Weiß als Wandfarbe ist genuin kalt. Mit einer warmen Farbe leicht abgetönt entsteht immer noch der Eindruck von Weiß, doch die Raumatmosphäre ist deutlich angenehmer.

(Abb. 4: Räume mit einfachem Design erhalten durch Details ein neues Ambiente)

BRAUN

Braun wie alle Erdfarben – vermittelt Wärme, Sicherheit und Geborgenheit. Verspürt man das Bedürfnis nach Schutz und Aufgehobensein, bietet Braun ein gutes Umfeld. Es kannerden" und den Menschen in seine Mitte zurückbringen. Zu viel Braun jedoch vermindert die Kreativität und kann als dominante Farbe ein Gefühl von Belastung oder Erschöpfung entstehen lassen. Weil Braun aus vielen Farben gemischt wird, ist es mit fast allen anderen Farben kombinierbar. Auch helle Brauntöne, Beige oder Creme sind flexibel und äußerst vielseitig. Als dominante Farben mit einer großen Bandbreite an Kombinationsmöglichkeiten und Veränderungsoptionen sind die hellen Töne wie Ecru, Creme und mehr sehr zu empfehlen.

Braun ist ein gutes Beispiel für die modische Veränderung des Farbempfindens. In den siebziger Jahren wurde Dunkelbraun zur absoluten Modefarbe stilisiert, in häufiger Kombination mit Orange und Grün. Heutzutage wirdDunkelbraun nur noch sparsam und gezielt eingesetzt, um ein Grundgefühl an Sicherheit zu vermitteln, beispielsweise mit einem dunkelbraunen Schreibtisch, in einem Ambiente, das sonst von helleren, warmen Farben bestimmt ist.

 

GRAU

Neben Blau ist Grau die vorherrschende Kleidungsfarbe in der Arbeitswelt. Grau wirkt neutral, mit dieser Farbe kann man nichts falsch machen, weil sie für die meisten Menschen akzeptabel ist. Mit Grau werden Unabhängigkeit, Selbstvertrauen und Selbstbeherrschung assoziiert, sowie Schutz vor äußeren Einflüssen.

Grau ist die Ruhe in sich, es sendet keine lauten Signale und ruft keine Reaktionen hervor. Die Kombination ist mit fast jeder beliebigen anderen Farbe möglich, Grau unterstützt andere Farben, indem es sie strahlender und leuchtender erscheinen lässt. Das erklärt auch seine Bedeutung als Farbe im Geschäftsleben. Grau gekleidete Menschen können sicher sein, dass marn ihnen zuhört, weil ihre Kleidung nicht von ihren Worten ablenkt.

SCHWARZ

Schwarz symbolisiert Stille und die Unendlichkeit von Raum und Zeit. Es tröstet und unterstützt, hat aber darüber hinaus auch etwas Geheimnisvolles und steht für Dunkelheit und Lebensstillstand. Im Geschäftsleben bedeutet Schwarz Objektivität, Sachlichkeit und Kompetenz. Zugleich ist Schwarz die Farbe der Distanz. Es setzt eine unsichtbare Grenze – „bis hierher und nicht weiter". Zu viel Schwarz in unserer Umgebung kann uns Energie abziehen und das Gefühl von Isolation verstärken. Schwarz zu einer dominanten Farbe im eigenen Leben zu machen kann unerwünschte Nebeneffekte haben und sollte deshalb mit Vorsicht gewählt werden.
Für eine Praxis empfiehlt sich, Schwarz für bestimmte Details zu verwenden, wie Lampen oder Geräte, um sachliche und fachliche Kompetenz zu demonstrieren.

Wenn das Grunddesign eines Raumes zurückgenommen und relativ unauffällig ist, kann mit einfachen Veränderungen, Wie Wandfarbe, Bildern und kleinen Accessoires, dem Raum immer wieder ein neues Ambiente verschafft werden. Einfach, ohne große Umbauten und kostengünstig. Wer sich jedoch zum Beispiel auf Grund einer besonderen Vorliebe für pinkfarbene Schränke im Sprechzimmer entschieden hat, dem stehen für die weitere Gestaltung nicht mehr viele Möglichkeiten offen – jede farbliche Grundänderung wird aufwändig in der Durchführung und im Preis.

Genauso wie man in der Praxis mit Farben spielen kann, bieten Formen und die Auswahl der Materialien unbegrenzte Möglichkeiten, die Persönlichkeit des Zahnarztes zu verstärken und zu unterstützen. Wer vergleicht, wie wichtig die persönliche Umgebung zu Hause ist und wie lange man nach der perfekten Wohnzimmercouch oder dem idealen Lesesessel für die eigenen Bedürfnisse gesucht hat, für den ist es doch naheliegend, mindestens so viel Sorgfalt auf das Praxisdesign zu verwenden. Vor allem halten sich Zahnärzte in ihrem Lieblingsmobiliar zu Hause wesentlich seltener auf als in ihren Praxen - in denen sie in der Regel wenigstens acht Stunden pro Tag verbringen. Zudem fordert die zahnärztlicheTätigkeit ein Höchstmaß an Konzentration und Durchhaltevermögen – wieso sollten Praxisinhaber sich dann die Chance entgehen lassen, durch atmosphärisches Ambiente, das speziell auf ihre Persönlichkeit abgestimmt ist, mehr Kraft, Energie und Freude zu gewinnen?

Es ist nicht nötig, gleich einen kompletten Umbau wie bei einer Praxisgründung zu inszenieren – pfiffige Details können schon eine Menge verändern. 

Praxischefs können ihre Patienten in einer Atmosphäre entspannen, die sie nicht primär beim Zahnarzt erwarten (Abb. 5: Gelb ist eine ideale Farbe für das Wartezimmer – es schafft eine Atmosphäre der Offenheit, Weite und Entspannung). Das macht die Arbeit am Patienten anschließend bedeutend leichter, ohne dass der Zahnarzt aktiv etwas dazu tun muss. Ein „Wohlfühlambiente" in den öffentlichen Praxisbereichen, im Sozialraum (Abb. 3), im Labor und in anderen teamspezifischen Zimmern unterstützt auch die Arbeitsmoral der Mitarbeiterinnen.

Farben und Design kreieren eine Atmosphäre in der Praxis, die nicht nur allen Beteiligten ein Wohlgefühl vermittelt, sondern gleichzeitig bei Patienten Vertrauen schafft – in die persönliche Art des Zahnarztes bei der Arbeit, sein Behandlungskonzept und die gesamte Praxisphilosophie. Ein warmer Empfang (Abb. 1) öffnet Patienten und schafft die Grundlage zum Vertrauensverhältnis, ohne das Zahnärzte weniger Behandlungserfolge hätten.

Da die Wenigsten in der glücklichen Lage sind, Praxen mit Blick aufs Meer oder die Berge zu haben, sollten sie die Möglichkeiten von Farben und Design nutzen, um sich selbst und ihren Mitarbeitern möglichst optimale Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Farben und Design erzeugen Stimmung, die sich auf alle überträgt – für ein entspannteres Arbeiten mit mehr Freude und Begeisterung.

Dr. Martina Obermeyer
Kocheler Str. 1
82444 Schlehdorf am Kochelsee
www.aufwind.org
info@aufwind.org

zm 93, Nr. 15, 1. 8. 2003

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